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Steuern, Brötchen und Kalkulationen


Habe gerade einen Besuch beim Steuerberater hinter mir, der auch gleichzeitig der letzte war, da wir in drei Wochen die Koffer packen und dann wieder in Berlin tätig sind. Es war sehr interessant, denn es wurde ein sehr informatives und interessantes Gespräch. Von der neuen Bonpflicht bis zum Auskommen der Gastronomie in dieser Region, schweiften wir vom eigentlichen Thema zu gerne etwas ab.


Aber alles kurz der Reihe nach und wir beginnen mit der Gastronomie. Mein Gefühl wurde in dem Gespräch sehr bestätigt, dass doch viele Gastronomen massive Probleme bewältigen müssen. Seine Kanzlei betreut sehr viele Betriebe der Gastronomie und hat daher einen direkten Einblick. Natürlich wurden keinerlei Angaben zu Namen gemacht.


Einerseits ist es der Mangel an Personal, der sich immer gravierender durch die Branche zieht. Aber ein ganz anderes Problem ist das Fehlen der Kenntnisse rund um die Kalkulation, denn egal wie viel sie auch arbeiten, es bleibt nichts mehr hängen. Nun sind die Margen längst nicht mehr üppig, aber viele rechnen immer noch nach den alten, sehr einfachen Faktoren. Alles mal Faktor 3 oder 4 und es passt schon. Setzt sich der Gesamtumsatz aus 60% Küchenanteil zusammen, so muss die Küche aber eben auch 60% der Gemeinkosten decken. Und die haben es in sich, da allein Energie zum Beispiel rapide gestiegen ist. Und das ist nur ein Faktor von vielen. Hinzu kommt, dass hier in der Region, wie anderswo auch, ein andauernder Wettbewerb besteht. Um die zwanzig Neueröffnungen habe ich in den letzten Jahren hier erlebt. 70% davon gibt es nicht mehr. Manche haben schon, innerhalb der letzten fünf Jahren, den dritten Pächter. Und jede Neueröffnung drückt mit Preisen auf den Markt, die immer nur eines vermitteln: ich kann noch billiger.


Deckungsbeitragrechnung? Fehlanzeige. Schnell ist das Startkapital dann aufgebraucht. Wer dann versucht die Preise zu erhöhen, verlor seine Gäste. Denn es waren immer die da, welche es, wie zu Beginn, ganz billig wollen. Zielgruppe also auch falsch beworben. Das schnelle Ende naht. Viele wussten nicht einmal, was ihre Geldbringer, also die Renner der Karte waren. Nahm ich Warenkosten, Personalkosten plus den errechneten Deckungsbeitrag, so ergab sich fast immer hier schon eine negative Differenz zum Preis auf der Karte. Gewinnaufschlag und Mehrwertsteuer waren nicht mal inbegriffen.

Am Jahresende waren, auch bei eher mittleren Betrieben, höhere fünfstellige Beträge aufgelaufen.

Die Probleme bescheren sich die Gastronomen selbst. Dabei ist Hilfe holen alles, aber nicht peinlich. Sich vorher erkundigen oder im laufenden Betrieb sich gründlich mit den Zahlen zu befassen, auch nicht.

Voller Laden = viel Geld. Welch ein Irrtum. Genauso immer der Spruch, dass wird über die Getränke schon wieder reingeholt. Nur muss dort auch die Kalkulation exakt sein. Oder der Wirt vermeidet es, diese zu bonieren...


Womit wir beim zweiten Thema wären. Die Bonpflicht. Der Steuerberater war der gleichen Ansicht: es ist Unsinn. Denn wen betrifft es denn eigentlich? Immer wird von den Bäckern gesprochen. Oder Fleischereien. Nun, davon gibt es kaum noch welche und die Zahl reduziert sich jedes Jahr. Bei den Bäckereien sind es Ketten mit Aufbackgeräten, die den Markt längst beherrschen. Wird dort ein Brötchen nicht boniert, so hat das Unternehmen davon keinen Gewinn. Das steckt sich dann höchstens die Verkäuferin ein. Wird sie erwischt, drohen Konsequenzen. Kein Unternehmer wird das Personal auffordern, die Kasse zu manipulieren. Er wäre eine Geisel seiner Belegschaft.

Und die letzten kleinen Bäckereien? Selbst wenn dort fünfzig Brötchen am Staat vorbei gehen, abzüglich der Warenkosten und allem, was in eine Kalkulation gehört, bleiben da ein paar Cent mehr. Ich kenne keinen Privatbäcker, der mit großen Sportwagen und üppigen Urlaubsreisen je aufgefallen ist. Eher droht allen die Schließung, da die Ketten längst den Markt für sich immer mehr einnehmen. Das gilt auch für andere Kleinbetriebe. Fleischereien, Dönerläden oder die Spätis, die in größeren Städten die Nachtschwärmer versorgen.


Angesichts der Steuerverschwendung des Staates, nach fünf Jahren ziehe ich zurück und werde weiterhin von Tegel fliegen, da der BER immer noch eine Baugrube ist (Kosten hier allein 4 Millionen am Tag!), wird auf Kleinunternehmer mit Kanonen geschossen. Die Kosten für Thermopapier, welches auch noch umweltschädlich ist, müssen die kleinen Läden umlegen und damit wird der Preisdruck zu den Ketten noch größer.

Man hätte auch etwas warten können, bis es einheitliche Systeme gibt, die den Bon digital versenden, wenn denn ein Kunde ihn benötigt. Im Moment sehe ich aber nur überlaufene Papierkörbe hinterm Tresen stehen. Kaum einer will ihn haben.


Alle reden von der Digitalisierung und der Staat erdenkt Gesetze, die sich mit dem Gegenteil befassen. Sie können oder wollen es einfach nicht...


Allen Lesern wünsche ich noch ein gesundes, erfolgreiches und schönes 2020.




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