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Virenbedingte Umsatzverluste



Erst vor einigen Tagen machte ich mir Luft über die hysterisch erzeugte Krise namens Corona. Und mittlerweile laufen die Kanäle von Social Media nun mit Ratschlägen über. Ein doch sehr beliebtes Thema sind Stornogebühren, wo doch allerorts die Messen und Großveranstaltungen abgesagt werden. Nicht nur unsere Branche leidet sehr unter der Panik. Aber ich konzentriere mich auf die Auswirkungen in der Hotellerie.


Da lese und höre ich zunächst Kommentare, dass allen nun die vollen Stornierungskosten zu berechnen sind. Eigentlich logisch, da sie zustehen und die Hotellerie sich nun an Ausstellern und Besuchern der geplatzten Messen gütlich halten möchte. Zumal zu einer Messe die fest einkalkulierten Fabeljubelpreise fest budgetiert sind. Ab und an kann nämlich die Hotellerie einige Tage im Jahr Preise aufrufen, die sie sich sonst nie traut. Und da muss man sich fragen, warum eigentlich? Wieso verschleudern Hotels mit vier Sternen sonst Zimmer auch mal für 69 Euro und meinen, bei einer Messe sind diese dann 430 Euro wert?

Das größte Problem ist doch nicht einmal, dass hohe Preise aufgerufen werden, sondern sonst Zimmer wie Ramschware angeboten werden. Weil immer jemand unterbietet, es noch billiger kann und das eigene Produkt seiner Wertschätzung beraubt. Würden Hotels in Berlin oder Hamburg, gerade durch den Ausfall/Verschiebung der ITB und Internorga, ab heute auch nur zehn Euro pro Zimmer mehr nehmen, dann könnten gar zwei Messen ausfallen und hätten dennoch ein besseres Ergebnis als im Vorjahr. Aber genau das passiert nicht. Und hier liegt das eigentliche Problem. Gerade habe ich bei Booking geschaut und nicht weniger als 28 Hotels mit vier Sternen sind hier in Berlin unter 80 Euro zu haben! Vor zwei Wochen hatten sie Restzimmer für über 650 Euro angeboten!

Wie kann ein Hotel mit solchen Raten überleben, wenn dann eine Messe ausfällt? Eigentlich gar nicht. Und dennoch scheint es zu gehen. Ein Teil dort in der Masse gehört zur Gruppe derer, die es gar nicht mehr geben dürfte. Es sind die Wettbewerbsverzerrer, die noch den letzten Euro mitnehmen und dann ihr Produkt platzen lassen. Eingedeckt mit billigem Geld und niedrigen Zinsen, fliegt dort alles um die Ohren, wenn die Zinsen auch nur ein, zwei Punkte mal ansteigen.

Es sind auch die Unternehmen, die ihr Personal schleifen und vernachlässigen. Wo immer jede Einsparung auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen wird.

Und auf der anderen Seite besitzen zu wenige den Mut für die Wertschätzung ihres eigenen Produkts. Ja, es wird sich noch erdreistet, dass nun Gäste, die für viel Geld gebucht haben und nun sehen, dass die Preise im Keller sind, anfragen, ob sie den günstigeren Preis haben können.

Erstens: fragen kostet nichts. Und zweitens: wer hat denn die Billigpreise reingestellt, die nun alle sehen können? Wer suggeriert denn, dass jetzt alles auch wahnsinnig billig zu haben ist? Wer würde sich denn nicht ärgern, wenn er ein Produkt für 150 Euro kauft und zwei Tage später kostet es nur noch die Hälfte?


Ja, Hotelzimmer sind verderblich. Und was leer bleibt, bringt nichts. Würde aber kontinuierlich ein wertschätzender Preis aufgerufen werden, könnte ein gewisser Leerstand viel besser zu verkraften sein. Oder glaubt wirklich ein einziger Hotelier, dass heute einer in Hamburg losfährt, weil in München, Frankfurt oder Berlin die Zimmer 20% günstiger sind? Es wird schon wieder um die letzten verbliebenen Gäste geramscht. Deckungsbeiträge sind jetzt wieder völlig egal. Dafür gibt es doch Messen...

Wann wird mal auf dem Hotelkongress Tacheles geredet? Die Verzerrer und Discounter unter die Lupe genommen? Und über die Anfälligkeit der Branche geredet? Wenn dieses Land unter einem eingebildeten Hypochonder-Virus leidet, dann hat unsere Branche schon über 40° Fieber.


Und nicht die Ursache, sondern die Auswirkung wird diskutiert. Nun sollen Messeaussteller die Ausfälle begleichen, damit das Budget nicht zusammenbricht. Noch einmal: es ist das gute Recht der Hotels. Aber bedenkt eines dabei: Absage durch Viren sind höhere Gewalt. Auch die Messeaussteller sind dagegen nicht versichert. Sie werden alles tragen müssen.

Viele Branchen leiden und haben furchtbare Ausfälle. Und sie werden nicht vergessen. Wäre ich Aussteller und soll vollends für die Ausfälle aufkommen, würde ich kommendes Jahr anderswo buchen. Denn auch ich würde kapieren, dass man mir alle Jahre locker 430 Euro abnimmt, aber sonst Schleuderpreise aufruft. Ich käme mir doppelt betrogen vor.

Allein die abgesagte ITB wird mit einem dreistelligen Millionenverlust beziffert. Heute will die Regierung beraten, wie sie der Branche behilflich sein kann. Ich hoffe, dass Geld, wenn es denn welches gibt, bekommen nicht wieder die falschen Akteure.


Als Hotelier wäre ich im Auto auf dem Weg zu den Ausstellern. Verhandeln. Abfedern. Geschäft für morgen sichern. Heute kann das Auskommen für kommende Jahre gesichert werden. Nicht rotzig beharren, was mein Recht ist. Messepartner werden ab 2021 wieder richtig viel Geld wert sein. Sie heute zu verlieren, kann und wird künftig viel teurer. Und um dieses Jahr zu retten, muss errechnet werden, um wie viel muss tagtäglich die Rate nun etwas anziehen, um die Verluste auszugleichen.


Vielleicht ist so eine Krise auch mal ein Beginn einer neuen Ära. Aber dazu muss der Wille sich durchbrechen, dass Hotelzimmer verderblich, aber dennoch wertvoll sind. Langfristig gewinnen die Glaubhaften. Die sich um ihre Mitarbeiter kümmern, Vertrauen bei Partnerfirmen genießen, Gäste schätzen, Service beherrschen und vor allem glaubhaft sind. Das dauert aber länger als eine Budgetphase. Guter Ruf braucht seine Zeit. Aber er wird die Unglaubhaften überleben.


Meinungen? Anregungen? Immer gerne. Freue mich auf viele Beiträge.


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